Ein Artikel von Klaus Secker, Leitung Vertrieb und Prokurist bei der Winninger AG

Helmut Schleweis, Präsident des Deutschen Sparkassen- und Giroverbandes e. V., geht davon aus, dass bis zu 60% der Deutschen ihr verfügbares Einkommen für den Lebensunterhalt ausgeben müssen. Zu ähnlichen Einschätzungen kommt auch der Bundesverband der Deutschen Volks- und Raiffeisenbanken (Handelsblatt vom 21.08.2022).

Mittlerweile haben es alle bemerkt: Die Inflation ist in Deutschland so hoch wie seit 70 Jahren nicht mehr. Die Inflationsrate laut Statistischem Bundesamt lag im September bei 10%. Die Rahmenbedingungen für die Wirtschaft und auch die privaten Haushalte sind so schlecht wie lange nicht mehr. Egal ob der Ukrainekrieg oder die Atomwaffendrohung Russlands, der Taiwan-China- oder der USA-China-Handelskonflikt, die sehr hohe Inflation und die eintretende Rezession werden die Unsicherheit der Deutschen auch im nächsten Jahr weiter forcieren.

Insbesondere die Lebensmittelpreise und die erhöhten Heizkosten verunsichern zunehmend die Bevölkerung. Aktuell sind die Verbraucherpreise von Nahrungsmitteln um 16,6% gestiegen, vor allem Speisefette- und Öle, aber auch Molkereiprodukte sind deutlich teurer. Auch die Energiekosten haben ein Plus von 35,6% zu verzeichnen. Heizöl, Brennholz und Gas haben sich im Vergleich zum Vorjahresmonat fast verdoppelt. Die Lebenshaltungs­kosten haben sich so deutlich erhöht, dass viele Bundesbürger kaum noch Kapital beiseitelegen können. Im Gegenteil, viele Kunden werden ihr mühsam Erspartes aufbrauchen müssen, um über die Runden zu kommen.

Auswirkung der Kostenexplosion auf die Altersvorsorge

Diese Kostenexplosion hat nicht nur Auswirkungen auf das alltägliche Leben, sondern zieht auch weitere Kreise mit sich. So haben auch die aktuell gestiegenen Lebenshaltungskosten Einfluss auf die Altersvorsorge der Verbraucher. Viele Kunden stehen vor der Entscheidung, ob sie die Prämien für ihre Altersvorsorge überhaupt noch aufbringen können oder die Verträge gegebenenfalls auflösen müssen. Auch die Vermittler werden mit der angespannten Situation der Verbraucher zunehmend stärker konfrontiert werden.

Beitragsfreistellungen und Kündigungen aus Liquiditätsbedarf werden zunehmen. Dies führt zu einer Reduzierung des Bestands der Vermittler und damit auch der Bestandspflegeprovision.

Was können Vermittler den Kunden also anbieten, wenn diese die Kapitalversicherung kündigen müssen?

Alternativen zur Kündigung

In Deutschland existieren rund 82 Millionen Kapitalversicherungsverträge; theoretisch besitzt also jeder Deutsche eine Lebens- oder Rentenversicherung. Wird das Geld aufgrund der aktuellen Situation benötigt, wird die Police in der Regel gekündigt; im letzten Jahr betrug das Stornovolumen laut GDV rund 13,8 Mrd. Euro. Doch warum prüfen die Kunden keine Alternativen? Eigentlich ganz einfach: Weil diesen Kunden eine gute Beratung fehlt und sie die Alternativen einfach nicht kennen.

Die Beitragsfreistellung

Bekannte Alternativen zur Kündigung gibt es viele. Eine Möglichkeit, um die Beiträge nicht mehr zahlen zu müssen, ist die Beitragsfreistellung. Das bereits angesparte Kapital wird dann weiter verzinst und erhält zumeist auch weitere Gewinnanteile. Allerdings sinkt die Versicherungssumme und damit die Absicherung im Todesfall und auch enthaltene Risikozusatzversicherungen (zum Beispiel eine Berufsunfähigkeitsrente) erlöschen in aller Regel. Ob und wie weit der Zinszuwachs in den Verträgen den Kaufkraftverlust durch die hohe Inflation langfristig abfedern wird, bleibt abzuwarten.

Die Beleihung

Die Beleihung der Police ist dann eine gute Alternative, wenn es sich nur um einen kurzen, akuten Finanzbedarf handelt. Hierbei erhält der Versicherte eine zu verzinsende Vorauszahlung bis maximal zur Höhe des aktuellen Rückkaufswerts von der Versicherungsgesellschaft und nutzt damit sein eigenes bereits angespartes Vermögen. Der Vorteil: Eine Bonitätsprüfung ist nicht notwendig.

Der Verkauf

Für Kunden, die sich von ihrer Kapitalversicherung trennen wollen, ist die vorteilhafteste Alternative der Verkauf der Lebensversicherung an Unternehmen auf dem Zweitmarkt. Der Kunde erhält bei einem Verkauf einen höheren Kaufpreis als bei einer Kündigung und sichert sich außerdem in vielen Fällen einen verbleibenden Todesfallschutz.

Gerade auch bei Vermittlern sollte ein großes Interesse bestehen, ihre Kunden über diese Alternative zu informieren, da der Verkauf auch für Vermittler einige Vorteile bietet.

Kunden informieren und Win-win-Situation kreieren

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Grafik: Gründe für den Verkauf der Lebensversicherung

Wie eine Kundenumfrage der Winninger AG ergab, können verschiedene Gründe für einen Verkauf der Lebensversicherung sprechen.

Kündigen Kunden ihre Police, hat dies nicht nur Auswirkungen für die Kunden, sondern auch für die Vermittler. Durch eine Kündigung schwindet auch deren Bestand, was zu einer Reduzierung der Bestandspflegeprovision führt.

Um eine Win-win-Situation zu erreichen, müssen die Vermittler natürlich Kenntnis vom Kündigungsvorhaben des Kunden erlangen. Häufig geschieht das im Gespräch mit Kunden, spätestens durch Mitteilung der Versicherungsgesellschaft, dass ein Kunde die Kündigung eingereicht hat. Spätestens dann sollten Vermittler Alternativen prüfen und das Gespräch mit den Kunden suchen.

So können sie ihre Kunden über die bessere Alternative „verkaufen statt kündigen“ informieren und die Vorzüge des Verkaufs aufzeigen. Kunden erhalten bei einem Verkauf immer mehr Geld als von der Versicherung und in vielen Fällen auch einen verbleibenden Todesfallschutz. Auch erfolgt eine Auszahlung im Verkaufsfall häufig schneller als bei einer Kündigung.

Wie der Verkauf praktisch funktioniert

Größter deutscher Ankäufer ist die Winninger AG. Sie steht Vermittlern zur Seite und übernimmt im Veräußerungsfall den kompletten Ablauf des Verkaufs. Dadurch bleibt der Aufwand minimal. Es werden lediglich die aktuelle Wertmitteilung, ein aktueller Rückkaufswert und die Kontaktdaten des Kunden benötigt. Falls noch weitere Informationen von der Versicherungsgesellschaft eingeholt werden müssen, übernimmt Winninger dies ebenfalls. Anhand dieser Daten wird anschließend ein Angebot unterbreitet. Selbstverständlich wird man laufend über den aktuellen Status des Verkaufs informiert, sodass diese Informationen auch an die Kunden weitergegeben werden können. Da die Winninger AG die Policen weiterführt, bleibt die Bestandspflegeprovision erhalten und für die Vermittlung des Vertrags erhalten die Berater noch eine zusätzliche Vergütung von Winninger.

Vermittler-Kommunikation ist gefordert

Vermittler sollten mit ihren Kunden sprechen, sie informieren und aufklären, dass sie mit dem Verkauf der Lebensversicherung die bessere Alternative wählen – bevor sie kündigen. Kunden werden es danken, wieder auf sie zukommen und sich auch bei weiteren Fragen an sie wenden.

Diesen Artikel lesen Sie auch in AssCompact 11/2022, S. 32 f., und in unserem ePaper.

Bild: © andranik123 – stock.adobe.com; Grafikquelle: Winninger AG

Source: ImmoCompact