Die Pandemiejahre haben auch in der Finanzgerichtbarkeit für ein Umdenken gesorgt. Laut ständiger Rechtsprechung fallen beruflich veranlasste Umzugskosten nämlich dann an, wenn der Umzug zu einer wesentlichen Erleichterung der Arbeitsbedingungen führt. Und in der Regel war damit stets eine Verkürzung des Arbeitsweges gemeint. Doch ein aktuelles Urteil des Finanzgerichts Hamburg (FG) lässt nun auch eine weitere Argumentationslinie zu.Was war geschehen?Das klagende Ehepaar bewohnte im Streitjahr 2020 zunächst eine circa 65 Quadratmeter große Wohnung ohne Arbeitszimmer und zog im Juli 2020 in eine circa 110 Quadratmeter große Wohnung um, in der es zwei Arbeitszimmer mit je 10,57 Quadratmetern gab. Die Kläger machten die Umzugskosten in ihrer Einkommensteuererklärung als Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbstständiger Tätigkeit geltend. Das zuständige Finanzamt lehnte die Anerkennung ab. Begründung: eine erhebliche Verkürzung des Arbeitswegs sei dabei nicht eingetreten.Umzug verbesserte die Arbeitsbedingungen erheblichDoch diese Auffassung teilten die Richter am FG nicht. Zwar sei, wie vom Finanzamt festgestellt, keine erhebliche Verkürzung des Arbeitswegs eingetreten, da das Homeoffice der Kläger nicht als erste Tätigkeitsstätte einzuordnen sei. Jedoch habe der Umzug zu einer wesentlichen Verbesserung und Erleichterung der Arbeitsbedingungen der Kläger geführt, da er den Eheleuten eine ungestörte Ausübung ihrer nichtselbstständigen Tätigkeit ermöglicht habe.Vor Beginn der Corona-Pandemie hätten die Kläger ihre nichtselbstständige Tätigkeit jeweils in den Räumlichkeiten ihrer Arbeitgeber ausgeübt. Seit Beginn der Pandemie hätten sie ihre Tätigkeit dagegen zu Hause ausgeübt. Und aufgrund dessen hätten sie eine neue Wohnung mit genau zwei zusätzlichen Arbeitszimmern gesucht und ausgewählt. Außerdem sei die Einrichtung von zwei Arbeitszimmern angesichts der verschiedenen Arbeitsweisen der Kläger auch erforderlich für die ungestörte Ausübung der jeweiligen Tätigkeit.Erhöhung des Wohnkomforts war nicht der AnlassDie Wohnung weiche auch nicht derart von der bisherigen Wohnung ab, dass deswegen Anlass zu der Annahme bestünde, eine Erhöhung des Wohnkomforts sei Anlass für den Umzug gewesen, führten die Richter weiter aus. Und im Übrigen ginge bei einer Gesamtbetrachtung des Einzelfalls mit einer möglichen Erhöhung des Wohnkomforts durch Platzgewinn zugleich eine Verschlechterung des Wohnkomforts einher. Denn statt einer Terrasse mit Zugang zum Gemeinschaftsgarten hätten die Kläger nunmehr lediglich über einen Balkon mit einer für die im Streitjahr fünf Jahre alte Tochter schlechteren Nutzbarkeit verfügt. Nicht zuletzt spreche auch der zeitliche Ablauf für eine berufliche Veranlassung, so das FG.Urteil spiegelt jüngste Gesetzgebung widerBei ihrer Entscheidungsfindung berücksichtigten die Richter auch die jüngste Gesetzgebung. So habe dieser Änderung der Arbeitsbedingungen auch der Gesetzgeber Rechnung getragen, indem er durch Einführung der sogenannten „Homeoffice-Pauschale“ das Homeoffice, ebenso wie den Arbeitsweg, der beruflichen Sphäre des Arbeitnehmers zurechnet. Das richtungsweisende Urteil des Bundesfinanzhof (Urteil vom 16.10.1992 – Az. VI R 132/88) ist daher nicht auf den hiesigen Fall übertragbar. (as)FG Hamburg, Urteil vom 23.02.2023 – Az. 5 K 190/22Bild: © Seventyfour – stock.adobe.com
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