Das Marktvolumen der D&O-Versicherung liegt in Deutschland geschätzt bei rund 560 Mio. Euro. Das ist für ein eher in einer Nische angesiedeltes Produkt durchaus interessant. Allerdings lag die Schadenquote laut dem Branchenverband der Versicherer, GDV, im Jahr 2020 bei 110% – die Versicherungsunternehmen machten also Verluste. Die Leistungen stiegen um 14%, die Beiträge legten lediglich um gut 9% zu.
D&O-Versicherung – wirtschaftlich nur noch bedingt interessant
Das Wirtschaftlichkeitsproblem dürfte sich noch vergrößern, da die Anlässe für Inanspruchnahmen einer D&O-Versicherung kontinuierlich mehr werden. Ursprünglich war sie vor allem als Absicherung dafür gedacht, dass jemand aus der Managementebene in die Firmenkasse greift oder juristisch fragwürdige Geschäfte abschließt. Inzwischen werden die Policen aber bei Reputationsschäden oder bei Umwelt- und Cyberschäden sowie Kapitalanleger-Musterklagen herangezogen. Auch beim Thema Datenschutz und Compliance wächst das Pflichtenheft für Führungskräfte und damit wachsen auch die Haftungsrisiken.
Insolvenzen: Mögliches Haftungsrisiko auch für Makler
Ein weiterer Grund für das wirtschaftliche Minus der D&O-Versicherer waren laut GDV hohe Forderungen infolge von Insolvenzen. Geschäftsführerinnen und Geschäftsführer werden dabei nicht selten mit Klagen in Millionenhöhe konfrontiert. Hier schlummert auch für Versicherungsmakler ein Risiko. Dabei geht es um den für D&O-Policen eher untypischen Fall des sogenannten 64-er-Anspruchs aus dem GmbH-Gesetz (GmbHG). § 64 Satz 1 GmbHG regelt den Anspruch der Gesellschaft gegen die Geschäftsführung auf „Ersatz von nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit der Gesellschaft oder nach Feststellung ihrer Überschuldung geleisteten Zahlungen“. Manche D&O-Versicherer schließen ihre Einstandspflicht hierfür mittlerweile per AGB aus. Wurde die Versicherung trotzdem mit dem Hinweis veräußert, dass solche 64-er-Ansprüche abgedeckt seien, könnte das auf den Makler zurückschlagen.
Prozessfinanzierung als Mittel gegen Versicherer im Abwehrkampf
Da das Geschäftsmodell der D&O-Versicherung nur noch begrenzt marktfähig ist, konzentrieren viele Versicherer sich auf die Abwehr von Ansprüchen aus bereits bestehenden Policen. Da etliche Unternehmen oder Insolvenzverwalter nicht die Zeit und/oder die finanziellen Mittel haben, ihre Ansprüche vor Gericht durchzusetzen, geht diese Strategie oft sogar auf. Für Unternehmen/Insolvenzverwalter bietet sich in solchen Fällen der Einsatz eines Prozessfinanzierers an, der gegen eine Erfolgsbeteiligung das komplette finanzielle Risiko einer Klage übernimmt – also Gerichtskosten, etwaige Sachverständigengutachtenkosten, die nicht selten in einer Größenordnung von mehreren hunderttausend Euro liegen, und – oft der größte Kostenfaktor im Schadensersatzprozess – die Honorare für die eigenen und die gegnerischen Anwälte. Da Prozessfinanzierer lediglich Fälle ins Portfolio nehmen, denen sie nach einer intensiven rechtlichen Prüfung echte Erfolgsaussichten einräumen, sendet die Einschaltung zudem ein klares Signal an den D&O-Versicherer.
Aber nicht nur, wenn es an finanziellen Mitteln zur Klageerhebung mangelt, kann der Einsatz eines Prozessfinanzierers im Streit mit einer D&O-Versicherung Sinn ergeben. Als Risikomanagement-Tool ist sie ebenfalls gut einsetzbar: Da Klagen ohne Kostenrisiko geführt werden können, ist die Bildung von Rückstellungen für Verfahrenskosten nicht erforderlich. Zudem können bereits gebildete Rückstellungen ergebniswirksam aufgelöst werden. Hinzu kommt die zeitliche Flexibilität des Einsatzes, der in jeder Phase einer streitigen Auseinandersetzung möglich ist. Das reicht von der Vorprüfung möglicher Ansprüche über außergerichtliche Vergleichsbemühungen bis zum Klageverfahren über den gesamten Instanzenzug.
Makler sollten Prozessfinanzierung im Portfolio haben
Für Makler kann die Vermittlung einer Prozessfinanzierung an ihre Kunden eine interessante und wichtige Möglichkeit sein. Dies einerseits, wenn sich eine streitige Auseinandersetzung mit einer D&O-Versicherung abzeichnet und andererseits für Verfahren, in denen die D&O (oder auch Rechtsschutzversicherung) keinen Versicherungsschutz bietet. Zwar sind nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs bislang nur Anwälte rechtlich verpflichtet, ihre Mandanten auf die Möglichkeit der Hinzuziehung eines Prozessfinanzierers hinzuweisen, trotzdem sollte dies grundsätzlich auch zu den Sorgfaltspflichten des Maklers gegenüber seinen Kunden gehören.
Über FORIS
Die FORIS AG war einer der ersten Prozessfinanzierer in Deutschland. Seit 1998 bietet das Unternehmen hier gewerbliche Prozesskostenfinanzierung an. Die FORIS AG ist eine börsennotierte Aktiengesellschaft. Der überwiegende Anteil der Aktien wird von Privatanlegern gehalten. Die Autorin, Stefanie Jacob, arbeitet seit August 2021 bei der FORIS AG.
Source: ImmoCompact